Glasfaser unter Schmidt / in Frankreich

Für alle Technik-Themen bezogen auf Internet und Telefonie, die weder AVM- noch Arris-/CommScope-/Technicolor-/Compal-/Sagemcom- bzw. Hitron-Produkte betreffen. Speedprobleme werden hier lediglich thematisiert, wenn sie auf die verwendeten Geräte zurückzuführen sind (die nicht zu den o.g. Produkten zählen).
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HanzDampf
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Re: Glasfaser unter Schmidt / in Frankreich

Beitrag von HanzDampf »

quiddjes hat geschrieben: 23.10.2024, 11:59 Weiß jemand was über diese Thematik? Hat jemand Links dazu?
Mich interessiert dieses geschichtliche Thema auch, im Netz gibt es dazu einiges, vor allem in den offiziellen Bundestagsprotokollen und Anfragen
hier danach zu suchen https://dip.bundestag.de/suche Filter auf "Wahlperiode alle"
z.b. Suche nach "Glasfasernetz" fördert einiges ab Anfang der 80er zu Tage: https://dip.bundestag.de/suche?term=Gla ... sdatum_auf

Schmidt und seinem Postminister Gscheidle trafen 1981 die Entscheidung, ab 1985 den Ausbau mit Glasfaser zu beginnen.
Zum Einsatz ein Glasfaser für die letzte Meile wurde auch Mai 1981 von Gscheidle ein Pilotprojekt beschlossen: „Breitbandiges integriertes Glasfaser-Ortsnetz (BIGFON)"
https://www.computerwoche.de/article/28 ... ation.html
(350 Teilnehmer in sieben Städten) zur Vorbereitung der Systemdefinition für ein "Breitbandiges integriertes Glasfaser-Fernmelde-Ortsnetz (BIGFON)
Kosten dafür ~150 Mio DM, Pilotprojekt wurde dann von Anfang 84 bis Ende 86 durchgeführt

"Ziel von BIGFON war die praktische Erprobung von Glasfasertechnik für sämtliche Telekommunikationsdienste und der erste technische Versuch für ein Integriertes Breitbandiges Fernmeldenetz (IBFN), in dessen Rahmen auch Hörfunk- und Fernsehübertragung sowie ein Bildfernsprech-Versuchsnetz" (https://de.wikipedia.org/wiki/BIGFON)

Video dazu in der ARD Mediathek "Hamburg damals: Bundespost nimmt BIGFON-Netz in Betrieb:"
https://www.ardmediathek.de/video/hambu ... DBjODdiODg

technische Details zu BIGFON gibt es hier "TN Nachrichten" https://wiki.gvit.de/lib/exe/fetch.php? ... na_h86.pdf ab Seite 15

Als Übertragungsmedium kamen Gradientenfaser zum Einsatz(wohl damaliger Stand der Technik):
"Das Übertragungsmedium ist eine Gradientenfaser, welche die codierten, digitalen Signale in einem Zeitmultiplexrahmen (TDM) ohne Zwischenverstärker von der Zentrale zum Teilnehmer überträgt. Die maximale Feldlänge beträgt
6,5 km. Als Sender dient ein Laser (LD, max. Leistung -3,5 dBm) und als Empfänger eine PIN- bzw. APD-Diode mit einem zulässigen Empfangspegel von -40 dBm, die bei einer Wellenlänge von 850 nm arbeiten [5]"

Singlemode Fasern waren damals 1984 schon in der Entwicklung, so heißt es dort auch:
"Auch die noch nicht abgeschlossenen Entwicklungen auf dem Gebiet der extrem verlustarmen Monomode-Glasfaser, und die sich abzeichnenden Fortschritte auf dem Gebiet der VLSI Technologie, der integrierlen Optik und der integrierten Optoelektronik werden die rasche Einführung der diensteintegrierenden Breitbandnetze mit beeinflussen."

Erkenntnisse aus dem BIGFON Piloten wurden nicht weiterverfolgt, mit dem Ausbau von Kupferkabelnetzen wurde je bereits begonnen
z.B. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Briefs und der Fraktion DIE GRÜNEN - Drucksache 11/2602 - Ergebnisse der BIGFON - Versuche der Deutschen Bundespost vom 22.07.88
https://dserver.bundestag.de/btd/11/026/1102697.pdf
"Bestandteil des BIGFON-Systemversuchs war der Einsatz von Breitband-Verteilvermittlungsstellen für die Übertragung von
Fernseh- und Hörfunkprogrammen. Trotz der im Versuch nachgewiesenen technischen Realisierbarkeit derartiger Verteilvermittlungsstellen wurde und wird diese
Konzeption von der Deutschen Bundespost nicht weiterverfolgt, da für diesen Anwendungsfall zweckmäßigere technische Alternativen (Koaxialkabeltechnik) zur Verfügung stehen."

Spekualtion von mir 8)
Schmidt und Gescheidle oder deren Nachfolger hätten das Ende des Pilotprojekts BIGFON abgewartet, ab 1987/88 wäre dann auch Singlemodefaser verfügbar gewesen und der Ausbau eines FTTH Glasfasernetzes wäre damit begonnen oder zumindest z.B. bei Neubaugebieten durch Leerrohre vorbereitet worden. Gleiches im Osten nach der Wiedervereinigung: entweder Ausbau komplett bis ins Haus mit Glasfaser oder zumindest für Später vorbereitet.
Ende der 80er verlegte Singlemode Glasfasern wäre dann heute noch mit Gigabit oder besser nutzbar :wink:
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spooky
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Re: Glasfaser unter Schmidt / in Frankreich

Beitrag von spooky »

Kurze Anmerkung:
Der Postminister unter Kohl, Schwarz-Schilling, war irgendwie mit ner Kupferbude verbandelt….
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quiddjes
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Re: Glasfaser unter Schmidt / in Frankreich

Beitrag von quiddjes »

Ist bekannt, die Firma Sonnenschein KG, in der er ein paar Jahre vorher Geschäftsführer war und die seiner Frau gehörte. Soweit mein Kenntnisstand aus der damaligen Zeit, hoffentlich nicht durch die vielen Jahre verfremdet.


Ralf
reneromann
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Re: Glasfaser unter Schmidt / in Frankreich

Beitrag von reneromann »

HanzDampf hat geschrieben: 10.11.2024, 20:45 [...]
Wobei schon in den 1980ern die Bundespost für ISDN bereits Glasfaserverbindungen zwischen den Vermittlungsstellen genutzt hat -- das war also damals keinesfalls neu.
HanzDampf hat geschrieben: 10.11.2024, 20:45 "Bestandteil des BIGFON-Systemversuchs war der Einsatz von Breitband-Verteilvermittlungsstellen für die Übertragung von
Fernseh- und Hörfunkprogrammen. Trotz der im Versuch nachgewiesenen technischen Realisierbarkeit derartiger Verteilvermittlungsstellen wurde und wird diese
Konzeption von der Deutschen Bundespost nicht weiterverfolgt, da für diesen Anwendungsfall zweckmäßigere technische Alternativen (Koaxialkabeltechnik) zur Verfügung stehen."
Und genau das war ja auch der eigentlich bessere Ansatz, für die Verbreitung von Broadcast-Signalen (Verbreitung Fernseh- und Hörfunk)...
Spekualtion von mir 8)
Schmidt und Gescheidle oder deren Nachfolger hätten das Ende des Pilotprojekts BIGFON abgewartet, ab 1987/88 wäre dann auch Singlemodefaser verfügbar gewesen und der Ausbau eines FTTH Glasfasernetzes wäre damit begonnen oder zumindest z.B. bei Neubaugebieten durch Leerrohre vorbereitet worden. Gleiches im Osten nach der Wiedervereinigung: entweder Ausbau komplett bis ins Haus mit Glasfaser oder zumindest für Später vorbereitet.
Ende der 80er verlegte Singlemode Glasfasern wäre dann heute noch mit Gigabit oder besser nutzbar :wink:
Ob die Ende der 80er verlegten Singlemode-Fasern wirklich heute noch nutzbar wären, dürfte fraglich sein.
Wenn die Fasern nicht die korrekten Eigenschaften haben, helfen sie nicht weiter - ähnlich wie man die Anforderungen bei Cat5-TwistedPair-Kabeln dann ja auch mal für Gigabit-Ethernet angehoben hat (man erinnere sich mal an Cat5e-Kabel)...

Plus die Frage, ob man damals wirklich jedes Haus einzeln erschlossen hätte -oder- ob man (wie bei OPAL später gemacht) viele Anschlüsse gemultiplext hat und die Faser für den Multiplex dann begrenzt.
Hilft ja nichts, wenn man ein Wohngebiet mit mehreren 100 WE -wie damals durchaus üblich- nur über eine oder zwei Fasern gemultiplext angeschlossen hat und diese Faser jetzt theoretisch zwar mit 10 GBit/s betreiben kann, aber das bei 200..500 WE dann halt am Ende nur für 20..50 MBit/s reicht...
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Re: Glasfaser unter Schmidt / in Frankreich

Beitrag von Flole »

Naja, das wäre immer noch mehr als das Kabelnetz, und 10Gbit/s ist wohl kaum das Limit. Die Faser könnte man sicherlich extremer melken als ein Kupferkabel.
Hoppelhase
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Re: Glasfaser unter Schmidt / in Frankreich

Beitrag von Hoppelhase »

Jan Böhmermann hat das in einer „ZDF Magazin Royale“ Sendung auch mal Thematisiert »Youtube« [ab 07m30s]
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quiddjes
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Re: Glasfaser unter Schmidt / in Frankreich

Beitrag von quiddjes »

Naja, Jan Böhmermann ist nicht gerade ein Garant der Glaubwürdigkeit... 😂
HanzDampf
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Re: Glasfaser unter Schmidt / in Frankreich

Beitrag von HanzDampf »

reneromann hat geschrieben: 10.11.2024, 23:17 Ob die Ende der 80er verlegten Singlemode-Fasern wirklich heute noch nutzbar wären, dürfte fraglich sein.
Wenn die Fasern nicht die korrekten Eigenschaften haben, helfen sie nicht weiter - ähnlich wie man die Anforderungen bei Cat5-TwistedPair-Kabeln dann ja auch mal für Gigabit-Ethernet angehoben hat (man erinnere sich mal an Cat5e-Kabel)...
Technischer Stand 1988 waren Singlemode Fasern mit 0,5 dB / KM Dämpfung oder besser, heutiger Stand sind 0,2dB. Bei Leitungslänge im Ortsnetz bis max 10 Kilometer macht dies nichts aus.
bzw der Königsweg wäre gewesen das ganze in einem Leerrohrsystem austauschbar zu verlegen, ähnlich den heutigen Speedpipes
reneromann hat geschrieben: 10.11.2024, 23:17 Plus die Frage, ob man damals wirklich jedes Haus einzeln erschlossen hätte -oder- ob man (wie bei OPAL später gemacht) viele Anschlüsse gemultiplext hat und die Faser für den Multiplex dann begrenzt.
Hilft ja nichts, wenn man ein Wohngebiet mit mehreren 100 WE -wie damals durchaus üblich- nur über eine oder zwei Fasern gemultiplext angeschlossen hat und diese Faser jetzt theoretisch zwar mit 10 GBit/s betreiben kann, aber das bei 200..500 WE dann halt am Ende nur für 20..50 MBit/s reicht...
ZU HYTAS/OPAL/ISIS habe ich diese ausführliche Beschreibung gefunden PDF ab Seite 12
https://web.archive.org/web/20120227142 ... 997_04.pdf
da gibt es ja schon 6 verschiedene Systeme von unterschiedlichen Herstellern, teilweise unterschiedlich in der Konzeption, natürlich nicht kompatibel zueinander, bei OPAL/HYTAS waren die optischen Splitter auch in Muffen schwer zugänglich vergraben. nichts mit Leerrohre oder alles in Schränken, bei so einem Verhau ist nichts zu machen
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Re: Glasfaser unter Schmidt / in Frankreich

Beitrag von Knidel »

Im "Telekommunikations-Atlas Land Berlin" (1989, herausgegeben von der Deutschen Bundespost) habe ich diese zwei Seiten zum Thema Glasfaser gefunden:
Telekommunikations-Atlas_Land_Berlin_1989_57_58.pdf

Es gab damals allein in Berlin mehrere Forschungsvorhaben. "Berlin II" war recht ähnlich zu BIGFON und wurde bereits 1980/81 erprobt, der Kabelfernsehteil lief noch bis Mitte 1988, die Telefonanschlüsse waren noch 1989 überwiegend im Betrieb. Über Berlin II hatte ich im Helpdesk auch etwas geschrieben. Die Berliner BIGFON-Systeme wurden offenbar Anfang 1990 abgeschaltet.

Ich denke, prinzipiell war es schon ganz gut, dass man auf Koaxialkabel gesetzt hatte. Der Bedarf war damals eben das Kabelfernsehen und die Etablierung des privaten Rundfunks, wofür das Koaxialkabel gut genug geeignet ist. Mit Glasfaser hätte man von den Haushalten verlangt, dass sie sich zusätzliche Geräte hinstellen, um die Sender anzufordern. Das Zusammenspiel von Videorecordern mit diesen Geräten erscheint mir unklar. Zum Radiohören brauchte man auch ein spezielles Gerät, neue Telefone, etc. Durch die unkomprimierte Übertragung mittels PCM war es nur möglich, 2-3 Fernsehprogramme gleichzeitig zu übertragen. Wenige Jahre später hätte man sicherlich auf MPEG umgestellt und es wären wieder neue Geräte notwendig geworden.

Die Technik war für FTTH noch nicht ausgereift genug. Trotzdem hat die Bundespost das Potential erkannt und nach und nach "Glasfaser-Overlaynetze" gebaut. Auch im Berliner Kabelpilotprojekt hat man auf Glasfaser gesetzt, um die üBKVrSt mit der Kabelzentrale zu verbinden (siehe hier).
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